Finde das Thema deiner Geschichte

Hast du dich schon einmal mit dem Thema deiner Geschichte beschäftigt? Es gibt Autor*innen, die meinen, dass das Thema zu definieren sie beim Schreiben einschränkt. Andere umgehen es gern, weil sie nicht wissen, wie sie ihr Thema greifen sollen – da ist es natürlich der leichtere Weg, sich gar nicht erst damit zu befassen.

Aus dem Story-Coaching heraus kann ich dir aber sagen, dass es für dich beim ersten Schreiben oder auch bei der ersten großen Überarbeitung (und später natürlich auch) einen großen Unterschied macht, ob du zumindest schon eine grobe Idee deines Themas im Kopf hast – oder nicht. Denn dein Thema hilft dir, die Zusammenhänge im Blick zu behalten. Es hilft dir, zu bewerten, ob eine Szene, eine Figur, ein Dialog etc. für deine Geschichte von Relevanz ist. Und damit hilft es dir, schon von Grund auf eine stärkere und in sich stimmigere Rohfassung zu schreiben – oder eben bereits eine solide erste Überarbeitung abzuliefern.

Kleiner Hinweis am Rande: Dieser Blog ist die schriftliche Variante des „Schreiben mit Stil“-Podcasts. Wenn du dir die Tipps zum Thema deiner Geschichte also lieber anhören möchtest – hier kommst du zur entsprechenden Episode:

Dein Thema ist nicht in Stein gemeißelt

Dein Thema schon vor dem Schreiben zu definieren, heißt übrigens nicht, dass es in Stein gemeißelt ist. Es wird sich während des Schreibens oder spätestens während der Überarbeitung mit großer Wahrscheinlichkeit ändern – meist nur in Nuancen, indem du es spezifischer auf deine Geschichte zuschneidest.

Es kann aber auch passieren, dass sich das Thema nachträglich grundlegend ändert. Das ist vor allem dann der Fall, wenn du dein Thema erst nach dem Schreiben deiner Rohfassung festlegst und merkst, dass die Geschehnisse in deinem Manuskript stark davon abweichen. Das bedeutet leider oft, dass eine Geschichte in großen Teilen umgeschrieben werden muss, damit sie funktioniert. Lass mich dir also zeigen, wie du dein Thema finden kannst, damit dir das nicht passiert.

Das Thema – was ist das eigentlich?

Dafür musst du zuerst einmal wissen, was das Thema einer Geschichte genau ist. Ganz einfach gesagt, ist es die Botschaft, die deine Leser*innen aus deiner Geschichte mitnehmen sollen. Dahinter steckt deine ganz eigene Art, die Welt zu sehen, oder eine Überzeugung, die du hast und der du in deiner Geschichte Ausdruck verleihst.

Wenn dir das zu abstrakt klingt, kannst du das Thema auch auf deine Geschichte bezogen definieren: Während die Handlung deiner Geschichte erzählt, WAS passiert, beschreibt das Thema, WARUM das wichtig ist. Das Thema gibt deinen Leser*innen also den Grund, dein Buch bis zum Ende zu lesen.

Schauen wir uns also drei Möglichkeiten an, wie du das Thema deiner Geschichte herausfinden kannst.

Möglichkeit #1: Was hast du zu sagen?

Hinter dieser Frage steckt dein tief liegendes Warum, also der Grund, aus dem du gerade diese Geschichte schreiben willst. Die Antwort findest du, wenn du dich mit Fragen auseinandersetzt wie:

Was möchtest du mit deiner Geschichte ausdrücken?

Was hast du über das Leben oder die Welt zu sagen?

Worüber denkst du ständig nach? Welche Themen gehen dir unter die Haut?

Welche Werte sind dir wichtig und warum sind sie das?

Wenn du an Laster denkst – bei welchen bekommst du ein mulmiges Gefühl im Bauch?

Welche Veränderungen würdest du gern in der Welt sehen?

In den Antworten, die du auf diese Fragen findest, steckt sehr wahrscheinlich ein Hinweis auf dein Thema. Schau dir also an, ob es eine Antwort gibt, in der du deine Geschichte wiedererkennst. Zieht sich diese Antwort wie ein roter Faden durch deine Rohfassung oder könnte sie die Geschichte tragen, die du schreiben willst?

Wenn du das klar bejahen kannst, versuche im nächsten Schritt, diese Antwort in eine konkrete Aussage umzuformulieren, also dein Thema in einem Satz auf den Punkt zu bringen: Was ist die Lektion, die deine Hauptfigur lernen muss und die auch deine Leserinnen und Leser aus deiner Geschichte mitnehmen sollen?

Möglichkeit #2: Wie verändert sich deine Hauptfigur im Verlauf der Geschichte?

Weiter oben habe ich erklärt, dass die Handlung einer Geschichte erzählt, WAS passiert, und das Thema beschreibt, WARUM das wichtig ist. Das heißt, das Thema deiner Geschichte wird nicht durch die äußere Handlung ausgedrückt. Es kommt dadurch heraus, wie die Konfrontation mit diesen äußeren Geschehnissen deine Hauptfigur innerlich verändert. Diese Veränderung ist ihr Character Arc. (Ich nutze hier bewusst die englische Bezeichnung, da mit „Charakterbogen“ im Deutschen in der Regel der Fragebogen gemeint ist, mit dem du eine Figur kennenlernen kannst.)

Wie sich dein*e Protagonist*in im Laufe deiner Geschichte verändert, sollte in direktem Zusammenhang mit der Lektion stehen, die sie oder er lernen muss, um ihre bzw. seine Ziele zu erreichen. Und damit ist sie auch gleichbedeutend mit der Kernbotschaft, die deine Leser*innen aus deinem Buch mitnehmen sollen.

Frage dich also:

Wer ist deine Hauptfigur zu Beginn der Geschichte?

Wie verändern die äußeren Ereignisse der Handlung sie zum Guten oder zum Schlechten?

Welche Schwächen hat deine Hauptfigur? Was hält sie davon ab, glücklich und erfüllt zu leben?

Schafft sie es, diese Schwächen und die Hindernisse, die ihr im Weg stehen, hinter sich zu lassen?

Was gewinnt sie am Ende der Geschichte bzw. was verliert sie – oder was wird sie auf dem dorthin verlieren?

Zu wem wird deine Figur am Ende der Geschichte?

Wenn es dir mit diesen Fragen noch schwerfällt, die Veränderung deiner Hauptfigur in ein Thema zu übersetzen, kannst du dich auch erst einmal an universellen Themen orientieren. Das sind Themen, die ganz oberflächlich betrachtet in vielen Geschichten zu finden sind:

Vergebung (sich selbst oder anderen)

Liebe (Selbstliebe, familiäre Liebe, romantische Liebe)

Akzeptanz (seiner selbst, der Umstände, der Realität)

Glaube (an sich selbst, an andere, an die Welt, an eine Gottheit)

Angst (überwinden, besiegen, Mut finden)

Vertrauen (sich selbst, anderen, ins Unbekannte)

Überleben (inkl. Lebenswille)

Selbstlosigkeit (inkl. Altruismus, Heldentum, Gier überwinden)

Verantwortung (inkl. Pflicht, für eine Sache einstehen, Akzeptanz des Schicksals)

Erlösung (inkl. Sühne, Reue, Akzeptanz von Schuld)

Falls eines dieser Themen für dich spontan zu der Entwicklung passt, die dir für deine Hauptfigur vorschwebt, geh noch einmal zurück zu Methode #1 und frage dich, was du zu diesem Thema zu sagen hast. Warum ist es dir wichtig und was bedeutet es für dich? So kommst du bestimmt schnell dahinter, wie du diesem allgemeinen Thema in deiner Geschichte einen individuellen Klang geben kannst.

Möglichkeit #3: Zieh dein Content-Genre zurate

Einen weiteren Ansatz, dein Thema zu finden, liefert dir auch dein Content-Genre. Ich meine hier nicht das kommerzielle Genre, unter dem du es im Buchladen im Regal finden würdest. Ich meine das Genre, das inhaltlich deine Handlung bestimmt.

Content- oder auch Inhalts-Genres sind keine Erfindung von mir. Sie gehen zurück auf das Story Grid, mit der amerikanische Bestseller-Lektor Shawn Coyne eine Art Anleitung für Lektor*innen definiert hat, Geschichten zu bewerten und zu bearbeiten. Warum Content-Genres auch für dich als Autor*in wertvoll sind, darauf werde ich in einem anderen Beitrag mal eingehen. Für das Thema ist es nur wichtig zu wissen, dass dir die Content-Genres schon grob vorgeben, was ein funktionierendes Thema für deine Geschichte sein kann.

Nehmen wir zum Beispiel an, du schreibst einen klassischen Liebesroman. Dann dreht sich dein Thema entsprechend dem Content-Genre Romance in der Regel um Freundschaft, Romantik, menschliche Verbundenheit oder Intimität. Frag dich also: Was hast du über die Liebe oder über die Beziehung zwischen Menschen zu sagen? Zeigt deine Geschichte, dass Liebe allen Widerständen trotzt? Wenn ja, warum? Wie schafft sie das? Was bedeutet die Liebe dir persönlich?

Oder wenn du einen Krimi schreibst: Dann dreht es sich bei deinem Thema laut Content-Genre in der Regel um Gerechtigkeit, Ungerechtigkeit, Sicherheit oder den Kampf von Gut gegen Böse. Die Fragen für dich lauten also: Was denkst du über das Thema Gerechtigkeit, über Mord und Verbrechen? Wird in deiner Geschichte die Gerechtigkeit siegen? Warum bzw. warum nicht? Was bedeutet Gerechtigkeit für dich persönlich?  

Noch ein Beispiel: Du schreibst eine Geschichte im Content-Genre „Weltanschauung“ (das sind oft „Coming of Age“-Romane). Hier geht es um Überthemen wie Unwissenheit, Weisheit und Reife. Was sind also deine Gedanken über das Erwachsenwerden? Was bedeutet „Reife“ für dich? Wie erlangt man in deinen Augen Weisheit? Warum ist dir dieses Thema wichtig?

Insgesamt gibt es 10 Content-Genres. Zusätzlich zu Romance, Krimi und Weltanschauung gibt es noch:

Action – mögliche Themen: Überleben, Leben und Tod, Mut, Gut gegen Böse

Thriller – mögliche Themen: Überleben, Leben und Tod, Gut gegen Böse

Horror – mögliche Themen: Überleben, Leben und Tod, Gut gegen Böse, Angst, Sicherheit

Performance – mögliche Themen: Ehre, Selbstwertgefühl, Scham

Gesellschaft – mögliche Themen: Macht, Revolution, Gleichheit, Korruption

Moral – mögliche Themen: Altruismus, Egoismus, richtig oder falsch

Status – mögliche Themen: Selbstachtung, Erfolg, Misserfolg

Ja, diese Themen klingen noch sehr oberflächlich. Das heißt auch, dass ein Thema schnell klischeehaft wirken kann. Das macht aber nichts, denn dein Thema muss nicht superoriginell sein. Im Gegenteil, es ist sogar ein gutes Zeichen, wenn es dir wie ein Klischee vorkommt. Denn das bedeutet, dass du etwas Universelles ansprichst, und universelle Themen sind für die Leser*innen immer interessant. Es ist aber wichtig, dass du ein universelles Thema auf eine neue Art und Weise umsetzt.

Sieh es mal so: Wie viele Bücher kennst du, die du auf „Die Liebe siegt!“ oder „Gut gegen Böse“ herunterbrechen kannst? Über diese Themen wird seit hunderten von Jahren geschrieben, und trotzdem schaffen es Autor*innen auch heute noch, sie überraschend und neu zu erzählen. 

Long story short

Fassen wir also noch einmal zusammen:

1) Das Thema deiner Geschichte ist die Botschaft, die du deinen Leser*innen mit auf den Weg geben willst. Es sagt ihnen, warum deine Geschichte von Bedeutung ist.

2) Definierst du dein Thema, bevor du dich ans Schreiben setzt, hast du es viel leichter, eine Rohfassung zu Papier zu bringen, die funktioniert.

3) Dein Thema muss nicht originell sein. Wenn es wie ein Klischee klingt, zeigt das, dass du ein universelles Thema ansprichst – und diese sorgen seit Jahrhunderten für erfolgreiche Geschichten.

Falls es dich jetzt in den Fingern juckt, das Thema deiner Geschichte zu definieren – alle Fragen, die ich dir in diesem Beitrag gestellt habe, habe ich noch einmal in einem Worksheet für dich zusammengestellt. Trag dich hier in meine E-Mail-Liste ein und du bekommst den Download-Link direkt in deinen Posteingang!  

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